Frederic Vosgröne soll am 18. Oktober in Köln in den Käfig steigen. Der Countdown läuft!
Ein Termin, der längst nicht mehr nur sportlich im Fokus steht. Der Konflikt zwischen dem deutschen MMA-Hoffnungsträger und dem Veranstalter Oktagon ist zu einem öffentlichen Testfall geworden, für die Liga, für die Szene, für das Selbstverständnis der Athleten.
Der Kämpfer
Vosgröne hatte sich bei Oktagon 76 mit einem dominanten Sieg über Fabio Moraes eindrucksvoll in Szene gesetzt. Doch anstatt nur über Technik und Durchsetzungskraft zu sprechen, dominierte seine Kritik an der Organisation die Schlagzeilen. Seine Freundin und einer seiner Trainer wurden nach dem Kampf nicht in den Käfig gelassen, für Vosgröne ein Symbol mangelnden Respekts. Auf der Pressekonferenz sprach er von systematischer Missachtung und drohte, sich nach anderen Organisationen umzusehen.
Seitdem bekräftigt er seine Position immer wieder. In Videos und Social-Media-Beiträgen erklärte er, dass er „für seine Fans“ in Köln antreten wolle, selbst wenn das Verhältnis zu Oktagon ungeklärt bleibt. Sportlich liefert er, kommunikativ zeigt er Härte – ein riskanter, aber kalkulierter Weg.
Der Veranstalter
Oktagon reagierte mit diplomatischem Ton. Man sprach von Sicherheitsprotokollen und Missverständnissen, kündigte Aufklärung an. Hinter den Kulissen aber verdichteten sich die Zeichen, dass die Liga von Vosgrönes öffentlicher Kritik wenig begeistert ist. Medienberichte sprechen davon, dass die Verantwortlichen die Vorwürfe als rufschädigend empfinden.
Gleichzeitig steht Oktagon unter Druck: Mit großen Hallen, TV-Deals und der Partnerschaft mit RTL rückt die Organisation in den Mainstream. Negative Schlagzeilen sind Gift für diesen Weg. Ein klarer Bruch mit einem deutschen Aushängeschild wäre ein Signal, das weit über den Einzelfall hinausgeht.
Die Vertragslage
Mehrere Quellen berichten, dass Vosgröne noch zwei Kämpfe bei Oktagon zu absolvieren hat. Damit sitzt die Liga vertraglich am längeren Hebel. Doch Vosgröne spielt bewusst mit dem Gedanken, seine Marktposition auszutesten. Er verweist auf andere Organisationen, die ihn sofort verpflichten würden.
Für Oktagon ist das ein Dilemma: Setzt man das Vertragsrecht kompromisslos durch, droht eine Eskalation. Geht man auf den Kämpfer zu, könnte das andere Athleten ermutigen, ebenfalls mehr zu fordern.
Die anderen Athleten
Auffällig ist das Schweigen im Rest des Kaders. Niemand stellt sich öffentlich auf Vosgrönes Seite. Viele dürften seine Kritik nachvollziehen können, doch kaum jemand wird das Risiko eingehen, sich mit dem eigenen Veranstalter anzulegen. Wer für seine Karriere plant, hält sich zurück.
Die größere Perspektive
Der Streit fällt in eine entscheidende Phase. Mit dem bevorstehenden Köln-Event und der TV-Präsenz auf RTL hat MMA in Deutschland die Chance, einen Sprung in die gesellschaftliche Mitte zu schaffen. Gleichzeitig zeigt der Konflikt, wie fragil das Verhältnis zwischen Athleten und Veranstaltern bleibt.
Vosgrönes kometenhafter Aufstieg ist sportlich verdient, keine Frage. Doch ein fader Beigeschmack bleibt: Wenn die Bedingungen so inakzeptabel sind, warum hat er den Vertrag überhaupt unterschrieben? Bis dahin schien alles in Ordnung. Professionell wäre es gewesen, Konflikte zuerst intern zu klären und erst bei Scheitern den öffentlichen Weg zu wählen. Stattdessen wurden Social-Media-Kanäle zur Bühne, auf der mit anderen Regeln gespielt wird. Aufmerksamkeit ist dort die Währung – doch Professionalität sieht anders aus.
„Ich kann die Standpunkte beider Seiten nachvollziehen, soweit sie öffentlich bekannt sind“, sagt Coskun Tuna, Geschäftsführer der VON DONAU GmbH. „Begeistert bin ich aber weder von Vosgrönes Vorgehen noch von Oktagons Krisenkommunikation. An diesem Punkt wäre professionelles Medienmanagement gefragt, nicht spontane Statements und gegenseitige Vorwürfe.“
Was bleibt
Der Termin in Köln rückt näher, doch die Spannungen sind ungelöst. Vosgröne hat sich exponiert, Oktagon reagiert kühl. Ob daraus ein Befreiungsschlag oder ein Bruch entsteht, ist offen.
Und so bleibt am Ende eine Frage stehen:
Schweigen die anderen Kämpfer aus Angst vor den Veranstaltern oder ist Vosgröne einfach gierig geworden und sucht im Rausch seines Hypes nach Vorwänden, um bessere Bedingungen zu erzwingen?
Foto: Kim Seifert / Inside The Cage