Ein packend hartes Duell auf Augenhöhe, geprägt von Respekt und brutaler Härte
Am 4. Oktober richtete sich der Blick der europäischen MMA Szene nach Bratislava. Dort trafen im Halbfinale des Tipsport Gamechanger Turniers zwei ungeschlagene Kämpfer aufeinander: Kerim Engizek und Dominik Humburger. Schon im Vorfeld galt dieses Duell als eines der spannendsten des Turniers, nicht nur sportlich, sondern auch menschlich.
Respekt vor dem Kampf
Was für beide Athleten besonders sprach, war die Art und Weise, wie sie seit dem Bekanntwerden ihres Aufeinandertreffens miteinander umgegangen sind. Sowohl bei der Pressekonferenz als auch beim Wiegen und in den medialen Auftritten zeigten sie sich respektvoll und professionell. Kein Trash Talk, keine Provokationen. Es war von Anfang an spürbar, dass hier zwei Sportler aufeinandertreffen, die sich gegenseitig sehr ernst nehmen und um die Bedeutung dieses Wettkampfs mehr als bewusst sind.
Der Kampf
Der Kampf dieser zwei ungeschlagenen Athleten war erwartungsgemäß hart. Schon in der ersten Runde wurde klar, dass beide bereit waren, über ihre Grenzen zu gehen. Dominik Humburger traf Kerim Engizek früh an der Nase, wodurch dieser stark zu bluten begann. Engizek wirkte bereits in dieser Runde sichtbar gezeichnet, doch er blieb konzentriert und setzte seunen Kampf entschlossen fort.
Beide Kämpfer suchten in der Anfangsphase immer wieder den finalen Schlagabtausch. Humburger versuchte, den Druck zu erhöhen, nutzte seine Reichweite und Schlagkraft, um Engizek auf Distanz zu halten. Engizek konterte mit präzisen und sehr harten Treffern, die Humburger einfach wegsteckte. Schon hier zeigte sich, dass keiner der beiden bereit war, auch nur einen Zentimeter nachzugeben.
In der zweiten Runde wurde der Kampf noch intensiver. Beide Athleten waren zu diesem Zeitpunkt bereits stark gezeichnet, das Blut im Gesicht spiegelte den Verlauf des Duells wider. Engizek gelang es, den Kampf zunehmend zu kontrollieren. Mit Routine und Erfahrung brachte er Humburger mehrfach zu Boden. Seine Taktik war klar erkennbar: Punkte durch Kontrolle und Take Downs sammeln, statt sich auf den wilden Schlagabtausch einzulassen.
Humburger jedoch machte Engizek das Leben schwer. Durch seine unvorhersehbaren Armbewegungen, wechselnden Schlagwinkel und spontanen Kombinationen war es für Kerim schwierig, klare Lesbarkeit in den Angriffen zu finden. Dieses unorthodoxe Vorgehen brachte Engizeks geordnetes Kampfsystem zwischenzeitlich aus dem Gleichgewicht. Es war ein Kampf zwischen Struktur und Chaos, zwischen technischer Disziplin und unberechenbarer Offensive.
Trotzdem konnte Engizek in der zweiten Runde mühevoll die Oberhand gewinnen. Humburgers Kampfgeist war beeindruckend. Kerim sicherte sich die zweite Runde. So stand es eins zu eins, und als Zuschauer war man nun endgültig aufgewühlt.
Die dritte Runde
In der dritten Runde blieb der Ausgang des Kampfes lange offen. Humburger wirkte konditionell frischer, obwohl beide heftig blutend angeschlagen, bewegte sich leichter und zeigte, dass er auch nach zwei intensiven Runden noch Kraftreserven hatte. Engizek hingegen musste spürbar arbeiten, um die Kontrolle zu behalten.
Ein unbeabsichtigter Knie-Tritt Humburgers in den Unterleib von Engizek führte zu einer kurzen Unterbrechung. Der Ringrichter gewährte die erlaubte Pause. Engizek nutzte die Zeit, um kurz durchzuatmen, ohne die Pause unnötig zu verlängern. Ihm war bewusst, dass auch Humburger die Gelegenheit hätte nutzen können, um sich zu erholen. Während sich Engizek kurz am Gitter abstützte, blieb Humburger in Bewegung, tänzelte leicht auf den Füßen und zeigte damit, dass er weiterhin präsent war. Es wirkte auch wie ein psychologisches Signal, die Botschaft, dass er noch Reserven hat.
Nach der Fortsetzung brachte Engizek den Kampf zunehmend in seine Kontrolle. Er drängte Humburger ans Gitter, suchte den Clinch und setzte weitere Take Downs durch. Insgesamt gelangen ihm laut Statistik vier erfolgreiche Take Downs. Humburger hatte bei den Punches zwar leichte Vorteile, konnte diese aber nicht in klare Dominanz umsetzen. Engizek war der aktivere Kämpfer am Boden und entschied die entscheidenden Phasen des Kampfes für sich.
Nach dem Kampf
Es war ein Kampf, bei dem bis zuletzt offen blieb, wer ihn gewinnen würde. Beide Athleten zeigten eine starke Leistung und verdienten sich den Respekt des Publikums. Nach dem Schlusssignal äußerte sich Kerim Engizek respektvoll über seinen Gegner. Er sagte, dass er für diese Herausforderung dankbar sei und dass Dominik Humburger einer der stärksten Kämpfer sei, gegen die er bisher im Käfig stand.
Dieser gegenseitige Respekt prägte das gesamte Duell. Humburger zeigte, dass er zur europäischen Spitze gehört, Engizek bestätigte, warum er dort bereits seit Jahren steht. Sein Sieg war das Ergebnis von Erfahrung, taktischer Disziplin und mentaler Stärke. Körperlich stark gezeichnet, aber strategisch klar, entschied er den Kampf verdient für sich.
„Kerim hat heute gezeigt, dass er auch dann ruhig bleibt, wenn ein Kampf unruhig wird“, sagte Coach Anil Büyüktunca nach dem Fight. „Das war kein Highlight-Kampf, sondern harte Arbeit. Drei Runden voller Kontrolle, Geduld und Erfahrung. Genau das unterscheidet einen echten Champion von einem starken Athleten.“
Das Finale
Mit diesem Sieg steht Kerim Engizek im Finale des Tipsport Gamechanger Turniers. Dort trifft er auf den früheren UFC Kämpfer Krzysztof Jotko. Bereits kurz nach dem Kampf kam es zu einem deutlichen Wortwechsel zwischen den beiden.
Der Hintergrund: Jotko hatte in seinem vorherigen Kampf gegen Hojat Khajevand das vereinbarte Gewicht nicht einhalten können, möglicherweise auch nicht einhalten wollen. In der MMA Szene gilt das als klare Respektlosigkeit gegenüber dem Gegner. Gewicht ist ein zentraler Bestandteil der sportlichen Fairness, da es unmittelbaren Einfluss auf den Verlauf eines Kampfes haben kann. Jeder Athlet weiß, dass er zu einem festgelegten Zeitpunkt das vereinbarte Gewicht bringen muss.
Engizek machte Jotko nach dem Halbfinale unmissverständlich klar, dass er dieses Verhalten für respektlos hält und ihn im Käfig dafür zur Rechenschaft ziehen werde. Für Engizek war das keine Provokation, sondern eine Grundsatzfrage. In seinen Augen hat professioneller Kampfsport nur dann Wert, wenn sich alle an die gleichen Regeln halten.
Jotko zeigte sich davon unbeeindruckt und reagierte mit eigenen Worten. Beide Athleten standen sich anschließend auf der Bühne gegenüber. Der Austausch war laut und direkt. Engizek machte deutlich, dass er Jotko im Finale sportlich bestrafen und ihm zeigen will, was Respekt im Kampfsport bedeutet.
Fazit
Oktagon 77 bot mit diesem Halbfinale eines der intensivsten Duelle des Turniers. Zwei ungeschlagene Athleten trafen aufeinander, beide bereit, alles zu riskieren. Der Kampf zwischen Engizek und Humburger war blutig, physisch und taktisch zugleich. Humburger bewies, dass er zur europäischen Elite gehört, Engizek zeigte, warum er seit über elf Jahren ungeschlagen ist.
Mit seinem Sieg steht Kerim Engizek nun im Finale und kämpft um den Titel und das Preisgeld des Tipsport Gamechanger Turniers. Doch jenseits des sportlichen Erfolgs war dieser Abend in Bratislava vor allem eines: ein Beweis für professionellen Kampfsport auf höchstem Niveau, getragen von Respekt, Härte und Disziplin.