Private Equity im Kampfsport: Wie Investoren Boxen und MMA neu definieren

„Es ist kein Nischensport. Es ist ein Massensport.“

Mit diesem Satz brachte Donn Davis, Gründer und Chairman der Professional Fighters League (PFL), schon vor einigen Jahren auf den Punkt, was lange unterschätzt wurde: Mixed Martial Arts und Boxen sind längst mehr als eine Nische, sie gehören inzwischen zu den am schnellsten wachsenden Segmenten der globalen Sportindustrie. Investoren haben diese Botschaft verstanden. Seit 2020 fließen Milliarden in die beiden Kampfsportarten, Private-Equity-Fonds, Venture Capital und staatliche Investoren drängen auf den Markt. Boxen und MMA sind dabei, ihre jahrzehntelang fragmentierte Struktur abzuschütteln – und das Gesicht des Sports nachhaltig zu verändern.

Coskun Tuna, Inhaber und Geschäftsführer der VON DONAU GmbH, beobachtet diese Entwicklung seit Jahren.

„Wir erleben gerade eine tektonische Verschiebung“, sagt er. „Der Kampfsport war immer Event-getrieben, kurzfristig und oft von Einzelpromotern abhängig. Private Equity macht daraus ein Asset-Business: planbar, skalierbar, global vermarktbar.“

 

Der Einstieg des Kapitals

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Allein zwischen Januar 2020 und Februar 2021 investierten Private-Equity-Fonds laut PitchBook Data fast acht Milliarden Euro in Sportproperties in Europa und den USA – ein Anstieg von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und während Fußball, Basketball und American Football bereits etablierte Rechtepakete haben, die in Milliardenhöhe gehandelt werden, entdeckten Investoren im Kampfsport eine Lücke: ein weltweites Millionenpublikum, aber vergleichsweise wenig strukturierte Angebote.

Nakisa Bidarian, ehemaliger CFO der UFC und Gründer von BAVAFA Sports, erklärt es so:

„Was wir sehen, ist eine Korrektur. Die Nachfrage war immer da. Aber es fehlte an Organisation, an Distribution, an Investment. Das Kapital schließt nun diese Lücke.“

Besonders sichtbar wurde der Effekt 2020, als der Kampf zwischen Mike Tyson und Roy Jones Jr. über acht Millionen Pay-per-View-Käufe generierte. „Dieser eine Abend hat Investoren die Augen geöffnet“, erinnert sich Bidarian. „Plötzlich war klar: Selbst jenseits der Prime Years lassen sich Kämpfe mit der richtigen Vermarktung global monetarisieren.“ Private Equity nahm Notiz.

 

Professional Fighters League: Vom Herausforderer zum Milliardenprojekt

Die PFL ist das Musterbeispiel für die neue Kapital-Logik. Innerhalb weniger Jahre hat sich die Liga von einem Herausforderer zur globalen Marke entwickelt. 2023 stieg der saudische Staatsfonds SRJ Sports Investments ein, was nicht nur neues Kapital brachte, sondern auch politische und mediale Netzwerke im Nahen Osten. Kurz darauf übernahm die PFL ihren Konkurrenten Bellator MMA – ein Deal im geschätzten Wert von rund 500 Millionen Dollar.

„Der Tag, an dem die Fertitta-Brüder die UFC an Endeavor verkauft haben, war der Tag, an dem wir die PFL konzipierten“, erzählt Donn Davis.

Für ihn war klar: Der Markt braucht ein zweites Schwergewicht neben der UFC, und es braucht eine Struktur, die Investoren vertraut ist.

Die Besonderheit: Die PFL ist nicht wie ein klassischer Promoter aufgebaut, sondern wie eine Liga. Kämpfe folgen einem Saisonmodell, es gibt Playoffs, Rankings und planbare Einnahmeströme. Für Investoren ist das ein entscheidender Unterschied.

„Planbarkeit ist Kapital“, kommentiert Coskun Tuna. „Eine Liga funktioniert wie ein Asset. Sie hat wiederkehrende Umsätze, sie hat Markenlogik, sie hat eine Struktur, die sich vergleichen und skalieren lässt. Genau das sucht Private Equity.“

 

TKO Group Holdings: Der nächste Schritt ist Boxen

Noch mächtiger tritt die TKO Group Holdings auf, die UFC und WWE vereint. 2025 übernahm Silver Lake Capital den Konzern für 13 Milliarden Dollar – eine der größten Private-Equity-Transaktionen im Sport. Seither richtet sich der Blick über MMA und Wrestling hinaus auf den Boxsport.

„Boxen ist reif für eine neue Struktur“, heißt es aus dem TKO-Umfeld. „Das alte Promoter-Modell ist für Investoren zu volatil. Es braucht eine Organisation, die Rechte bündelt und Strukturen vereinheitlicht.“

TKO plant eine neue Promotion unter dem Namen Zuffa Boxing – eine Reminiszenz an die Gründerjahre der UFC. Den Auftakt bildet ein Mega-Event im September 2025: Canelo Álvarez gegen Terence Crawford, angesetzt im Allegiant Stadium von Las Vegas. Für TKO ist dieser Kampf mehr als Sport. Er ist der Beweis, dass Boxen nach dem UFC-Modell zentralisiert, vermarktet und global monetarisiert werden kann.

„Wenn Boxen nach der UFC-Logik funktioniert, dann sehen wir einen Paradigmenwechsel“, sagt Coskun Tuna. „Boxen ist eine der ältesten Sportarten der Welt, aber strukturell hängt es im 20. Jahrhundert fest. Investoren versuchen jetzt, es ins 21. Jahrhundert zu überführen – und zwar mit der gleichen Brutalität und Konsequenz, mit der sie auch Unternehmen restrukturieren.“

 

Kämpfer als Unternehmen

Parallel zur Konsolidierung von Ligen entsteht ein neuer Trend: Kämpfer werden selbst zu Investitionsobjekten. Broadstreet Global startete 2024 ein Programm, das Athleten nicht nur finanziell unterstützt, sondern sie beim Aufbau ihrer eigenen Marke begleitet.

„Ein Kämpfer heute braucht mehr als einen Punch“, sagt Eric Albarracin, einer der bekanntesten Coaches im MMA, der das Programm leitet. „Er braucht eine Identität, eine Community, eine Vermarktung. Private Equity hilft, diese Infrastruktur aufzubauen.“

Für Coskun Tuna liegt darin ein entscheidender Schritt: „Kämpfer werden wie Start-ups behandelt. Sie haben Investoren, die nicht nur in ihre sportliche Karriere, sondern in ihr gesamtes ökonomisches Potenzial investieren. Für Sponsoren und Medienpartner wird der Athlet so zu einem Portfolio-Asset.“

Diesen Einstieg wählte Coskun Tuna bereits bei der Profiboxerin Ramona Graeff, zu lesen in folgendem Bild-Artikel „Diese Boxerin wird zum Start-up

 

Afrika: Tradition wird global

Ein Blick nach Afrika zeigt, wie breit Investoren denken. In Nigeria hat die African Warriors Fighting Championship (AWFC) die traditionelle Kampfkunst Dambe in ein modernes Format überführt. Seit 2019 generierte die Liga über 900 Millionen Views online. 2024 stieg Silverbacks Holdings ein, dazu kam ein Streaming-Deal mit DAZN.

„Wir exportieren kein neues Produkt“, sagt ein AWFC-Sprecher. „Wir exportieren etwas, das seit Jahrhunderten Teil unserer Kultur ist.“

Für Investoren ist das doppelt interessant: Sie erhalten Zugang zu einem jungen afrikanischen Publikum und gleichzeitig ein Format, das sich weltweit differenziert vermarkten lässt.

„Kulturelle Authentizität wird zum Investment-Case“, erklärt Coskun Tuna. „In einem globalen Markt, in dem alles austauschbar wirkt, gewinnt eine originäre Sporttradition wie Dambe enorm an Wert.“

 

Die Zahlen, die Investoren überzeugen

Die wirtschaftliche Logik ist nüchtern: Die UFC erwirtschaftete 2023 einen Rekordumsatz von 1,3 Milliarden Dollar und eine EBITDA Margin von rund 58 Prozent. Damit ist sie die profitabelste große Sportorganisation weltweit.

„Kein anderes Sport-Property liefert solche Margen“, sagt Nakisa Bidarian. „Das ist ein Business mit fast 40 Prozent Gewinn auf Nettoebene. Zeigen Sie mir eine Fußball- oder Basketballliga, die das schafft.“

Coskun Tuna unterstreicht die Besonderheit:

„Das Angebot ist knapp, die Nachfrage riesig. Die UFC veranstaltet rund 40 Events im Jahr. Im Fußball gibt es tausende Spiele, in der NBA hunderte. Diese Diskrepanz ist das, was Investoren elektrisiert: Ein weltweiter Markt mit einer  Unterversorgung.“

 

Saudi-Arabien als Machtzentrum

Eine zentrale Rolle spielt Saudi-Arabien. Mit Milliarden aus dem Public Investment Fund (PIF) werden Kämpfe nach Riad geholt, ganze Promotions unterstützt und neue Formate etabliert. Für den Wüstenstaat ist es Teil einer geopolitischen Strategie, Sport als Soft Power zu nutzen.

„Saudi-Arabien hat begriffen, dass Kampfsport ein globales Vehikel ist“, sagt Coskun Tuna. „Sie kaufen nicht nur Events, sie kaufen Aufmerksamkeit, Reichweite und internationale Glaubwürdigkeit. Das macht die Region zu einem neuen Machtzentrum des Sports.“

 

Risiken und Chancen

So attraktiv die Zahlen sind, so klar sind die Risiken. Kämpfer werden stärker als Assets betrachtet. Wer nicht liefert, verschwindet schneller aus dem Portfolio, als er aufgebaut wurde.

„Das Risiko liegt darin, dass die Seele des Sports der Renditelogik geopfert wird“, sagt Anil Büyüktunca, der als Coach Anil in Düsseldorf erfolgreiche Boxer und MMA-Kämpfer wie Kerim Engizek trainiert. „Aber die Chance liegt darin, dass der Sport professionalisiert wird, Kämpfer verlässliche Einkommen haben und globale Märkte erschlossen werden.“

 

Der eigentliche Kampf

Boxen und MMA haben die Aufmerksamkeit von Private Equity nicht zufällig auf sich gezogen. Sie vereinen alles, was Investoren suchen: globale Reichweite, digitale Zielgruppen, hohe Margen und unterversorgte Märkte.

„Der eigentliche Kampf findet längst nicht nur im Ring statt“, resümiert Coskun Tuna. „Er findet in den Konferenzräumen der Investoren statt. Dort wird entschieden, wie die Zukunft des Kampfsports aussieht.“

Private Equity hat den Kampfsport in eine neue Phase geführt. Wer über mögliche Partnerschaften, Kooperationen oder Investments sprechen möchte, kann sich gerne direkt an Coskun Tuna, Inhaber und Geschäftsführer der VON DONAU GmbH, wenden.